Im alten Testament werden Orte oft mit Steinen oder Steinhaufen markiert, an denen Menschen eine besondere Gottesbegegnung hatten. Doch was ist mit den Momenten, in denen wir Gott nicht spüren und er uns fremd geworden ist?

 

Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der HERR, und nicht auch ein Gott, der ferne ist?

Monatsspruch für den Oktober – aus der Bibel: Jeremia 23,23

Im ersten Teil der Bibel nutzen Menschen immer wieder große Steine oder Steinhaufen, um Orte der besonderen Gottesbegegnung zu markieren. So stellt Jakob einen Stein an den Ort, an dem Gott ihm im Traum erschienen ist (1. Mose 28,18). Das Volk Israel stapelt zwölf Steine zur Erinnerung daran, dass Gott sie trockenen Fußes durch den Jordan geführt hat (Jos 4,1ff). Es sind sichtbare Erinnerungszeichen für die Orte, an denen Gott auf besondere Weise nahe war.

Vielleicht kennst du in deinem Leben auch solche Steine? Situationen, in denen Gottes Gegenwart spürbar war. In denen man sein Eingreifen erlebt hat. »Gott nahe zu sein, ist mein Glück.« – so heißt es in Psalm 73,28. Ja, Glaube kennt diese glücklichen Zeiten. Kennt diese hellen Erinnerungssteine. Aber gibt es nicht auch die dunklen Erinnerungssteine? Zeiten, in denen Gott sich scheinbar zurückgezogen hat? In denen Gott mir fern und fremd geworden ist? „Der liebe Gott hat mich vergessen“ – klagt jemand, den die Gebrechen des Alters quälen. Andere suchen Gott, doch irgendwie ohne Resonanz. Im November gedenken wir der Toten – am Volkstrauertag und am Ewigkeitssonntag. Diese Tage stellen für viele genau diese Frage: Wo ist denn Gott?

Vielleicht klingt der Monatsspruch für den Oktober hier wie eine Antwort: »Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der HERR, und nicht auch ein Gott, der ferne ist?« (Jeremia 23,23). Das klingt zunächst wie die ernüchternde Feststellung, dass Gott eben manchmal nicht da ist. Aber beim genaueren Hinschauen wird fraglich, dass dieser Vers das aussagen will. Schon im nächsten Vers sagt Gott über sich: »Bin ich es nicht, der Himmel und Erde erfüllt?« (Jer 23,24). Gott ist nicht manchmal da und manchmal nicht. Spätestens durch das Kreuz wissen wir, dass Gott selbst mitten in der Gottesferne gegenwärtig ist. Es geht wohl weniger um Gottes tatsächliche Nähe, als mehr darum, ob der Mensch diesen als nah oder fern erfährt. Und ganz ehrlich: Es gibt Situationen, da kann mein Kopf noch so sehr wissen, dass Gott immer da ist. Es sind leere Worte, wenn mein Herz so gar nichts davon spürt.

Manchmal gibt es Gründe, warum Menschen Gott als fern erleben. Die Propheten und Priester, die Jeremia anspricht, leben in massivem Machtmissbrauch, Morallosigkeit und Ungerechtigkeit. Sie haben sich von Gott abgewandt. Und müssen nun die Konsequenz tragen: die Gottesferne.

Aber es wäre zu einfach, die Schuld immer beim Menschen zu suchen, wenn Gott fern scheint. Von Mutter Teresa wissen wir, dass sie sehr intensive Gottesbegegnungen im Gebet hatte. Aber auch, dass sie bis zu ihrem Tod lange Jahre eine geistliche Leere und Erschöpfung durchlitten hat. Einmal schreibt sie in einem Brief: »Es schmerzt ohne Unterlass. Ich habe keinen Glauben. Man erzählt mir, dass Gott mich liebt, jedoch ist die Realität von Dunkelheit und Kälte und Leere so überwältigend, dass nichts davon meine Seele berührt.« Als Jesus am Kreuz stirbt, schreit er Worte in die Dunkelheit hinaus, die denen von Mutter Teresa ähneln: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« (Mt 27,46).

Vielleicht ist es wichtig, an dieser Stelle einmal stehenzubleiben. Auch hier entdecken wir Erinnerungszeichen. Dieses Mal an die Erfahrungen der Gottesferne. Keine, an die man sich gerne erinnert. Keine, über die man gerne spricht. Schade eigentlich. Denn ist es nicht bereits schon sehr heilsam zu sehen, dass ich damit nicht alleine bin? Dies ist eine Dimension unseres Lebens. »Herr, wie lange willst du mich so ganz vergessen?« So beginnt Psalm 13. Ein Gebet der Gottesferne. Und übrigens einer meiner dunklen Erinnerungssteine.

Und auch das sagen uns die dunklen Steine derer, die vor uns mit der Gottesferne gerungen haben: Dass dort, wo diese „dunkle Nacht“ durchstanden, oft eine vertiefte und von falschen Gottesbildern gereinigte Gottesbeziehung wartet.

 

Foto Pastor David Winkler

David Winkler

Pastor der Stadtmission Frankfurt-Nied

Niederschrift 02/2024

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